Georgia Creimer

Brigitte Huck, aus  der Zeitschrift Kunstforum – Das Gartenarchiv, Bd. 146,  S.70

In der Grazer Galerie & Edition Artelier präsentierte die in Wien lebende, brasilianische Künstlerin Georgia Creimer kürzlich eine Werkpassage im Namen der Rose. Die drei Arbeiten - „Blume“ (1996), „Second Nature“ (1998) und „Garten“ (1999) – eint auf der formale Ebene zunächst ein doppelsinniges Spiel der Beziehungen von Kunst und Natur: abstrakt-konstruktive Skulpturen treten zum Duell mit Blatt und Blüte an, karge Stereometrien inszenieren Luxe, Charme und Voluptée der Floristik.

Das Multiple Blume präsentiert sich in einer luxuriös mit Samt ausgeschlagenen Kiste. Die Bedienungsanleitung (Creimer/Dusini) schreibt die Montage des Plexiglasträgers mit konkavem Spiegel auf fixierter Höhe, den Kauf eines Ready Mades (Blumentopf), sein Placement vor dem Spiegel und regelmäßiges Gießen vor. Daß es um Wahrnehmung geht, merkt man spätestens beim Blick in den gewölbten Spiegel: während die Blumen durch den „korrekten“ Abstand aufrecht stehen, kippt man selbst kopfüber. Ein Vexierspiel mit dem „Erkenne dich selbst“ des delphischen Orakels, ein Rollercoaster zwischen Sein und Erscheinung.

Das Prinzip kommunizierender Gefäße wendet Georgia Creimer für die installative Bodenarbeit „Garten“ an. Plastikschläuche verbinden weiße Kunstharzkugeln mit einer Wasserquelle, die gelbe Rosen - organische Skulpturen, die in den Kugeln stecken - am Leben erhält. Das system erlaubt ein hybrides Wachsen der elemente, die sich von einer minimalen Dreierformation ins Unendliche verzweigen können. An der Grenze von Ironie und Aufrichtigkeit, Zufall und Ordnung, künstlich und natürlich investiert Creimer in ein spielerisches Experiment mit der Fusion von Gegensätzen.

In „Second Nature“ schließlich trivialisiert die Künstlerin das Erhabene der Natur. Es sind schwarz-weiß-Fotos von einzelnen Blüten und Gräsern, die pathetisch auf Sockeln ausgebreitet worden sind, Symbole von Schönheit und Vergänglichkeit. Die Bilder sind auf biegsamen Alustäben befestigt, ein Ventilator sorgt für Frühlingswind und läßt sie tanzen.. Es sind die dekadenten Blumen des Bösen, die Creimer hilflos wackeln läßt: die pointensichere Assemblage könnte auch „rock my horticulture“ heißen und ist ein charakteristisches Beispiel für Georgia Creimers künstlerische Praxis, sich am leben zu orientieren und die Wirklichkeit mit leichter Hand als Artefakt zu arrangieren. Für jede Aufgabe findet sie die individuelle, spezifische und unverbrauchte darstellungsform, wie im vorliegenden Fall den radical chic der Nature Vivante.