Georgia Creimer, Biom (ascending) for Room 2.17 / PARALLEL Vienna

Rezension von Daniel Castells

Wenn Sie Georgia Creimer begegnen, fühlen Sie sich, als kämen Sie zur Ruhe. Eine sehr beschwingende Ruhe, wenn Sie so wollen. Besonders bei einer Kunstmesse wie der Parallel Vienna, wo die Notwendigkeit, sich von anderen zu unterscheiden, fast integraler Bestandteil des Vertrages ist. Wenn Sie sich aus völlig verständlichen Gründen trotzdem für den Besuch der Messe entscheiden, erwartet Sie eine Menge Überladenheit und eine überwältigende Zahl von Arbeiten, die verzweifelt auf KäuferInnen warten.

Die Künstlerin erreicht ihr Ziel mit einem einzigen Hauptwerk. In ihrer äußerst detaillierten Arbeit tritt Creimer mit einem minimalistischen Ansatz einen Schritt von der altbekannten Exzentrik des künstlerischen Ausdrucks in einen extra erbauten, meditativen Raum zurück, der von den BesucherInnen in der eigenen Geschwindigkeit erforscht werden kann.

Auch wenn viele sagen werden, dass ein Raum im Inneren eines anderen Raums ganz und gar nicht einfach ist – was seinen physischen wie theoretischen Inhalt anbelangt, ist er dies tatsächlich nicht – so verschafft er doch Auge und Geist nach der vorherigen Überdosis Kunst ein Gefühl von Weite.

Diese Messe – nicht besonders bekannt bei all jenen Sammlerinnen, die sowieso leicht verrücktspielen – ist aber inzwischen zu einer großartigen Plattform geworden, um KünstlerInnen, Galerien, Institutionen und ihre Arbeiten mit ein bisschen mehr kreativer Freiheit in ein ganz besonderes Szenario zu locken: Small-Talk und die ganzen anderen bürokratischen To-dos, an denen wir alle teilnehmen müssen, um von Kunst zu leben, spielen hier eine zweitrangige Rolle.

Der Ort der Messe wird zu einem Platz der Interaktion, an dem es möglich ist, die Ideen von anderen kennenzulernen und zu erspüren. Und genau dies gelingt uns auch bei der Arbeit Biom (ascending) for Room 2.17.

Biom (accessus) II – ein Aquarell mit Pigment auf Papier – als erster Eindruck beim Betreten des Raums ist an der Vorderwand der Installation angebracht. Es zieht die Aufmerksamkeit der BesucherInnen auf sich und wird als Teaser wahrgenommen, der die Neugierde der Pandora wachsen lässt. Nach dem Eintreten öffnet sich dann eine weiße Box, die für ein zwei Meter hohes Gemälde maßgefertigt ist und dessen Schmalseite von dem Werk Biom (ascending) bedeckt wird. Eine Bank an der gegenüberliegenden Seite erzeugt einen intimen Raum, in dem sich die BesucherInnen in einer direkten Begegnung mit dem Bild wiederfinden. Wegen seiner Helligkeit ist er fast beängstigend, mit seinem aufsteigenden rampenartigen Boden und den nicht vorhandenen rechten Winkeln wird das Zögern der BesucherInnen darüber, wie sie sich verhalten und reagieren sollen, fast zu einem Teil des Werks. Die Installation macht uns bewusster für unsere eigenen Körper, die auf einer Kunstmesse aktuelle Geisteshaltung, Räumlichkeit und wie sich die Zeit in unserer Umgebung entwickelt. Unsere Pupillen ziehen sich zusammen, während sich unser Fokus erweitert, um Ausgleich zu finden. Sie gehen näher an das Bild, realisieren, dass es nicht digital ist, sondern eine Technik mit überlagerten feinen Linien, die eine Illusion von Farben, Körpern und Dimensionen erzeugt. Sie verstehen, wie Ihre Wahrnehmung und vorschnelle Annahmen Sie leicht täuschen können, und ganz plötzlich haben Sie die unbewusste Absicht der Künstlerin verstanden.

Auf einem blinden Zeichenprozess basierend, in dem nur das Unbewusste und die Intuition die Hand über ein Stück Papier leiten, können die schließlich erzielten Formen, die die Künstlerin aus den erwähnten Zeichnungen auswählt, fast als introspektive Suche im eigenen Geist verstanden werden. Die Komplexität ihrer feinen Schönheit, der Windungen und Farben, die ins Groteske übergehen, resultiert aus ihrer Kombination und liefert uns genügend Material, um Köper, Sinnlichkeit, Sexualität und eine nicht-konforme Haltung und Ideale mit dem Werk zu assoziieren.

Georgia Creimers Installation bei der Parallel Vienna gehört sicher zu den Highlights der diesjährigen Ausgabe. Mit einer klugen Arbeit, welche die Umgebung der Installation versteht, gelingt es der Künstlerin, mehr als einen von uns tief in die Arbeit eintauchen zu lassen und dazu zu ermutigen, ihr Werk als Ganzes zu ergründen. Von einer Performance, bei der sie eingewickelt wie eine Raupe in den Raum ragt, einem riesigen Teller gefüllt mit enormen Bällen, ihrer schwarz-weißen Biom Gemälde-Serie bis zu ihrem fotografischen Werk, in dem sie mit dem Mond spielt, sind die präsentierten Arbeiten durchwegs eine Freude. Jeder, der einigen geschichtlichen, lustigen, sozialen und abstrakten Hintergrund in seinem Portfolio mit KünstlerInnen wertschätzt, denen er folgen und deren Werke er sammeln möchte, wird sich voller Begeisterung an Georgia Creimer erinnern.